Hier möchte ich Ihnen das Ausstellungsvorhaben „Die Vereinigten Vogelhäuser der Welt“ vorstellen, das ich als Hochschullehrer an der Technischen Universität Berlin gemeinsam mit meinen Studierenden entwickelt habe. Wir sind, was die Realisierung unseres Vorhabens angeht, mit unseren rund 350 Kreativen aus allen Ländern der Welt so etwas wie die derzeit größte Künstlergemeinschaft Berlins.
Vorstellen möchten wir ein „Weltbild,“ das aus ca. 200 Vogelhäuschen besteht. Es umfasst kollagenhafte Modelle der jeweils landestypischen und kulturspezifischen Architekturen, die in einer räumlichen Kunstinstallation angeordnet sind. Das Projekt bedarf, damit es sich lebendig entfalten kann, der öffentlich sichtbaren Umsetzung. Dies wiederum erfordert institutionelle Unterstützung und einen institutionellen Rahmen – umso mehr, wenn es (wie bei unserem „Vogelhaus-Weltbild“) um eine aus der akademischen Lehre heraus entstandene, anspruchsvolle Unternehmung geht, die den universitären Elfenbeinturm verlassen soll.
Das Anliegen hat neben der ästhetischen Dimension, die sich im scheinbaren Klischee bewegt, einen politischen Impetus, dessen Bedeutung in den letzten Wochen, Monaten und Jahren zunehmend gewachsen ist. Der Leitgedanke, der für unser Projekt bestimmend ist, lässt sich auf den folgenden Nenner bringen:
Die Probleme der Welt werden größer, die Welt selbst scheint ständig kleiner zu werden. Engerer Raum bringt Nähe – und in und aus der Nähe entsteht die Notwendigkeit zum Miteinander. Das „Sich-aus-dem-Wege-Gehen“ oder die Konfrontation sind keine Optionen. Der Begriff der Grenzenlosigkeit bekommt eine neue Bedeutung, er wird zur Notwendigkeit des Miteinanders.
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Unsere „Vogelhaus-Welt“ ist 200 Quadratmeter groß und zeigt mit den Mitteln der Ästhetisierung ein Modell des Globalen, in dem Grenzen friedlich überschritten werden und das Miteinander im Gemeinsamen in den Vordergrund rückt. Die Wahl auf das Vogelhäuschen ist – begründet auch mit der humorigen und ironisierenden Distanzierung, die diese Objekte liefern – als Anspielung auf die berühmte Vogelpredigt des Franz von Assisi zu verstehen. Und nicht zuletzt ist der fliegende Vogel, der trotz allem eine Heimstadt benötigt, das Symbol für Freiheit schlechthin.
Wir haben also versucht, jenen Gedanken der entgrenzenden Überschreitung ästhetisch-miniaturisierend abzubilden. Und wenn wir von „Entgrenzung“ sprechen, dann verwenden wir diesen Begriff in seinen positiven Konnotationen. Dazu gehören die humanistischen Leitmotive des Versöhnlichen, des Völkerverbindenden und der Toleranz. Der Humor spielt eine große Rolle (so ist z. B. in der White Chapel ein einarmiger Bandit statt des Altars zu sehen), denn der Abstand zum Ernsten, den er schafft, ist selbst ein verbindendes Element zwischen den vielen scheinbaren und tatsächlichen Gegensätzen, mit denen die gesellschaftliche Wirklichkeit uns täglich konfrontiert.
Die Häuser
Die Konstruktion
Die Plattform für dieses Gesamtkunstwerk, an dem rund 300 internationale Künstler/Studierende mitgearbeitet haben, ist eine Rauminstallation, an der Elemente von Rost, Beton und dem, was gemeinhin „Kitsch“ genannt wird, ihren Anteil haben.
Die Installation im Raum
Zu unserem „Weltbild,“ das den Betrachter zunächst (gewollt!) überrascht:
Komplexität der Vielfalt und der „gemeinsame Nenner“: Wir zeigen diese Welt in Gestalt von rund 200 Vogelhäuschen, die ihrerseits rund 200 unterschiedliche Länder und Kulturen symbolisieren. Für Frankreich steht der Eiffelturm, für England der Big Ben … Das Spiel mit kulturellen und nationalen Stereotypen und Klischees ist nicht Nebenerscheinung, sondern gewollt.
Grenzenlosigkeit/Entgrenzung: Beim Betrachten der Vogelhäuschen wird der Gedanke mitschwingen, dass die Länder und Staaten unserer Erde nicht durch Grenzen, Mauern, Visa und Grenztruppen zu schützen sind. Diese Sortiermaschinen werden dauerhaft verzichtbar, wenn sich das Verlangen der Menschen nach einer universalen Wertegemeinschaft durchsetzt. Hier bekommt die Referenz auf Franz von Assisi einen ernsten inhaltlichen Bezug. Die Installation lebt von der Polarität zwischen dem scheinbar naiven Haus und der grundsätzlichen Sehnsucht nach Freiheit, nach einer Welt ohne Grenzen.
„Die Welt wird kleiner“: Reduktion von Komplexität durch vernetztes Nebeneinander. Die Anordnung der Exponate in der Installation soll das dichte Nebeneinander unserer Kulturen, daraus resultierend ihr vernetztes Miteinander aufzeigen. Der Betrachter erkennt die Notwendigkeit dieses Miteinanders auf unserem immer kleiner werdenden Planeten. Identifikationsmuster sind für den Betrachter die landestypischen Eigenschaften, die das Vogelhäuschen beinhaltet und die dem Betrachter auch den intellektuellen Transfer ermöglichen.
Die Ausstellung
Die Rauminstallation konstruiert und präsentiert ein Bild der Welt, in der noch so unterschiedliche Architekturen, Architekturformulierungen, subjektive Interpretationen und Haltungen sich zu einem Bild komponieren lassen. Die Kunst erlaubt eine solche Komposition eines Weltbildes schon heute. Die gesellschaftliche Realität sieht freilich anders aus, jedoch gilt: „Die Kunst macht es möglich!“ – Der Besucher läuft durch das Bild, das analog der Gliederung der Welt in Kontinente strukturiert ist und macht sich auf diese Weise die grenzüberschreitende Perspektive buchstäblich „ergehbar.“